Gedichtsanalyse
Was ist eine Analyse
Bei einer Analyse wird sowohl der inhaltliche Text auch der formale Aufbau eines Textes untersucht. In der Fachsprache wird dies auch als Untersuchung der Semantik und der Syntaktik bezeichnet. Das Wort selbst stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie “Auflösung”. Das ist insoweit zutreffend, da der Text gewissermaßen in seine Einzelteile zerlegt wird.
Unterschied zur Interpretation
Das Wort “Interpretation” stammt aus dem Lateinischen und bedeutet “Erklärung” oder auch “Auslegung”. Der große Unterschied zwischen einer Analyse und einer Interpretation ist, dass sich die Analyse mit den textinternen Elementen beschäftigt, während sich die Interpretation vor allem mit den textexternen Elementen auseinandersetzt. Die Analyse des Textes stellt auch einen Bestandteil der Interpretation dar. Die Interpretation soll den vorliegenden Text auslegen, mit dem Ziel, dass man den Text versteht.
Arten von Analysen
Analysen können zu verschiedenen Arten von Texten verfasst werden. Hierbei muss zunächst zwischen Sachtexten und literarischen Texten unterschieden werden. Zu Sachtexten gehören beispielsweise Zeitungsartikel oder Reportagen. Literarische Texte lassen sich nochmals in Gedichte, Dramen und Prosa unterteilen.
Vorgehensweise bei einer Analyse
Wenn du eine Analyse erstellen möchtest, ist es zunächst wichtig, dass du dir den Text besonders genau durchliest. Mache dir zu den folgenden Schritten Notizen. So kannst du keine Auffälligkeit des Textes vergessen!
Schritt 1: Lies dir den Text gut durch.
Schritt 2: Stelle fest, um welche Textsorte es sich handelt.
Schritt 3: Kann der Text einer literarischen Epoche zugeordnet werden?
Schritt 4: Sieh dir den allgemeinen Aufbau an. Gibt es mehrere Absätze? Ist es ein langer Absatz?
Schritt 5: Sieh dir nun die Sätze an. Sind die Sätze kurz oder lang? Haben sie Einschübe?
Schritt 6: Sieh dir die verwendete Sprache an. Ist die Sprache einfach? Ist es eine Fachsprache?
Schritt 7: Sieh dir die einzelnen Stilmittel an. Werden Stilmittel verwendet? Wie werden sie im Text eingesetzt?
Schritt 8: Was wollte der Autor/die Autorin mit dem Text bewirken? Was ist die Intention? Ist diese erfüllt worden?
Gestaltung deiner Analyse
Achte bei deiner Analyse darauf, dass sie im Präsens verfasst wird. Die Analyse sollte in der 3. Person geschrieben werden. Am besten ist es, wenn du kurze und aussagekräftige Sätze verwendest. Setze hierbei vor allem auch auf Adjektive. Nichtsdestotrotz sollte der Text sachlich sein und nicht von den tatsächlichen Gegebenheiten abweichen. Gib bei deiner Analyse auch immer wieder Belegstellen aus dem Text an. Achte dabei darauf, diese auch angemessen zu kennzeichnen!
Aufbau einer Analyse
Wie viele andere Texte lässt sich eine Analyse in eine Einleitung, einen Hauptteil und einen Schluss unterteilen.
Die Einleitung
Beginne in der Einleitung mit der Nennung des Textes, welchen du analysieren möchtest. Nenne die Art des Textes, das Erscheinungsdatum und auch den Autor. Möglicherweise kannst du auch eine Quelle oder die historische Einordnung des Textes angeben. Du kannst bereits in der Einleitung die Zielgruppe des Textes definieren. Fasse in einem kurzen Satz den Inhalt des Textes zusammen.
Der Hauptteil
Im Hauptteil geht es dann um die eigentliche Analyse. Am besten solltest du deinen Hauptteil inhaltlich in drei Abschnitte gliedern: Inhalt, Struktur und Sprache.
Inhalt
In vielen Fällen wird gefordert, dass du eine Inhaltsangabe angeben musst. Versuche diese so knapp wie möglich zu halten und nur das Allerwichtigste zu erwähnen. Versuche schon im Vorhinein beim Durchlesen des Textes die Kernaussage zu markieren und herauszuarbeiten. Dafür eignen sich kurze Notizen. Die Inhaltsangabe soll nur einen kleinen Teil deiner Analyse ausmachen. In sie kann auch eine Charakterisierung der handelnden Personen eingearbeitet werden. Hierbei solltest du dich auf die Hauptdarsteller beschränken und deren wichtigste Eigenschaften hervorheben. Auch die Beziehung zu den anderen Figuren im Text kann überaus wichtig sein.
Struktur
Bezüglich der Struktur musst du zunächst feststellen, um welche Art von Text es sich handelt. Anhand dessen kannst du dann die Gliederung, den Spannungsbogen oder auch die Argumenttypen wesentlich einfacher erkennen. Bei Kurzgeschichten, Novellen oder auch Erzählungen stellt sich zunächst die Frage, ob die Geschichte von einem Erzähler wiedergegeben wird. Wenn es einen Erzähler gibt, musst du feststellen, ob er die Handlung aus seiner Perspektive wiedergibt oder ob er dies aus der Sicht der handelnden Personen macht. Dies kann auch als Erzählerperspektive bezeichnet werden. Besonders bedeutsam ist auch die Unterscheidung zwischen der Erzählzeit und der erzählten Zeit. Achte darauf diese beiden nicht zu verwechseln. Häufig gibt es bei solchen Texten auch Rückblicke in die Vergangenheit oder Blicke in die Zukunft. Auch diese solltest du bei deiner Analyse der Struktur des Textes angeben. Bei einem Drama kann anhand der Struktur des Textes erkannt werden, wie sich die jeweilige Figur weiterentwickelt. Bei Gedichtanalysen müssen besondere Kriterien beachtet werden, weshalb du eine genaue Erklärung zu dieser weiter unten finden kannst. Hier noch ein paar Fragen, die du bei der Analyse der Struktur verwenden kannst: Wie ist die Gliederung des Textes (Einleitung, Hauptteil, Schluss)? Wie beginnt und wie endet der Text? Verfügt der Text über einen Spannungsbogen? Gibt es einen oder mehrere Höhepunkte? Kannst du einen Wendepunkt erkennen?
Die Sprache: Bei der sprachlichen Analyse solltest du eine weitere Unterteilung vornehmen. Sieh dir zunächst den Satzbau an – als Nächstes die verwendete Wortwahl und die rhetorischen Stilmittel. Baue in deine Analyse auch ein, welche Art von Sprache verwendet wird.
Zunächst zum Satzbau: Schon beim Durchlesen des Textes werden dir einige Besonderheiten bezüglich des Aufbaus auffallen. So verwenden einige Autoren kurze Sätze, während andere Sätze über mehrere Zeilen hinweg verfassen. Zudem kannst du feststellen, ob es sich um Aussagesätze, Fragesätze, Ausrufesätze, Parataxen, also Satzreihen oder Hypotaxen, sprich Satzgefüge, handelt. Wenn du diese in deiner Analyse verwendest, kannst du auch gleichzeitig deren Wirkung auf den Leser erläutern.
Die Wortwahl: Streiche dir schon beim Durchlesen des Textes auffällige Wörter heraus. So verwenden die Autoren häufig Fremdwörter, umgangssprachliche Ausdrücke oder auch spezielle Dialekte und Modewörter. Am besten nennst du diese Wörter auch in deiner Analyse.
Mit der Feststellung, welche Arten von Wörtern verwendet werden, kannst du dich auch beim jeweiligen Sprachstil festlegen. So kann der Autor seinen Text in der Hochsprache, in der Alltagssprache, in der Umgangssprache, der Jugendsprache, der Fachsprache oder auch in einem Dialekt verfassen. Achte auch darauf, ob der Autor einige Wortarten besonders häufig verwendet. Hierbei kommen vor allem Adjektive, Interjektionen oder auch Abkürzungen in vielen Texten zum Einsatz.
Die rhetorischen Stilmittel: Es ist nicht immer einfach, die rhetorischen Stilmittel in einem Text festzustellen. Im Anschluss findest du die wichtigsten rhetorischen Stilmittel mit
Beispielen:
Alliteration – Stabreim – “Männer machen Männer mutig”
Anapher – Wiederholung des Anfangsworts – “Mein Haus …. . Mein Garten …”
Ellipse – Auslassung – “Was tun?”
Euphemismus – Beschönigung – “entschlafen”
Hyperbel – Übertreibung – “Das habe ich dir schon tausend Mal gesagt!”
Ironie – Gegenteil ist gemeint – “Das hast du mal wieder toll gemacht!”
Klimax – Steigerung – “Stehe – gehe – lief”
Metapher – bildliche Darstellung – “Drahtesel für Fahrrad”
Parenthese – Einschub – “Das ist – kurz gesagt – meine Einstellung zu diesem Thema.”
Parallelismus – mehrere Sätze sind gleich aufgebaut – “Der Vater schritt durch die Räume. Der Vater dreht das Wasser auf.”
Personifikation – Vermenschlichung – “Er hat Ohren wie ein Fuchs.”
Rhetorische Frage – Frage, auf die man keine Antwort haben möchte – “Geht es uns nicht allen so?”
Symbol – Merkmal, das auf einen Zusammenhang verweist – “Flagge, Adler”
Schluss
Versuche in deinem Schluss nun eine Be wertung bzw. Wertung des Textes abzugeben. Hier kannst du auch deine etwaigen Vormeinungen und Thesen bestätigen und widerlegen. Der Schluss bietet dir auch den Raum, die Ergebnisse deiner Analyse nochmals kurz zusammenzufassen. Vor allem kannst du auch darauf eingehen, ob der Autor die Intention des Textes erfüllt hat oder nicht.
Die Gedichtsanalyse
Wie bereits erwähnt, muss bei einer Gedichtanalyse auf Besonderheiten geachtet werden. Die Einleitung einer solchen Analyse ist identisch ausgestaltet mit den anderen. Jedoch musst du beim Hauptteil auf einige Dinge achten:
Inhalt
Beim Inhalt musst du zunächst feststellen, ob das Gedicht in einem realen Raum oder einem semantischen Raum spielt. Das kann daran erkannt werden, dass im Gedicht selbst räumliche Angaben gemacht werden. Um den Inhalt des Gedichtes besser verstehen zu können, solltest du dir die Entstehungszeit ansehen. Diese kann dir vor allem bei der Deutung weiterhelfen. Zudem kannst du feststellen, ob in einem Gedicht sich die Zeit weiterbewegt oder ob sie angehalten wird. Häufig verwenden Autoren auch einen Zyklus. So ändern sich beispielsweise die Jahreszeiten. Davon zu unterscheiden ist der lineare Ablauf. Hierbei finden die Ereignisse in einer geordneten Reihenfolge statt und sind miteinander verbunden. In einem Gedicht kann aber auch ein isoliertes Ereignis beschrieben werden. Bevor du dir Gedanken über die Struktur des Gedichtes machst, solltest du dir die Frage stellen: Wer spricht? In den meisten Fällen wird es sich um ein lyrisches Ich handeln, sprich, es wird aus der Ich-Perspektive wiedergegeben. Manchmal können in Gedichten aber auch Dialoge eingebaut sein.
Struktur
Bei der Struktur von Gedichten musst du zwischen verschiedenen Gedichtformen unterscheiden. Die meisten dieser Formen folgen einem strengen Bauplan. So ist der Plan des Sonetts bezüglich der Verszahl und der Strophengliederung exakt festgelegt. Vordefiniert sind auch Balladen, Epigramme, Oden oder Lieder. Natürlich gibt es auch freie Formen, welche nicht an solche strengen Baupläne gebunden sind. Ein Gedicht lässt sich in einem ersten Schritt in Strophen unterteilen. Diese teilen das Gedicht in einzelne Abschnitte ein und können einer festen Struktur folgen. Anhand der Anzahl der Verse kann erkannt werden, ob es sich beispielsweise um ein Terzett oder Quartett handelt. Wie bereits erwähnt, lässt sich eine Strophe in mehrere Verse untergliedern. Diese bestehen aus einem Metrum, was auch als Versmaß bezeichnet wird und aus Versfüßen. In einem Gedicht kann es aber auch Reime und Kadenzen geben. So gibt es sowohl Stabreime als auch Endreime und Binnenreime. In einigen Gedichten konnte sich auch der unreine Reim durchsetzen. Viele Gedichte können auch über einen Refrain verfügen, welcher häufiger in gleicher Form oder abgewandelter Form niedergeschrieben ist.
Sprache
Bei der Sprache kann zwischen der Syntax, der Wortwahl und dem Klang unterschieden werden. Bei der Syntax geht es vor allem um den Satzbau. Diese kann sehr deutlich von der Alltagssprache abweichen. So kann es zu Umstellungen (Inversionen), Brüchen, Auslassungen, Symmetrien oder auch einem Parallelismus kommen. Bei der Wortwahl selbst solltest du darauf achten, ob die Figuren bestimmte Wörter besonders häufig verwenden oder ob sie immer wieder dieselben grammatikalischen Fehler machen. In Gedichte können nicht nur metrische Mittel eingebaut werden, sondern auch Wörter, welche für einen besonderen Klang sorgen. Diese wurden häufig verwendet, da es beim Vorlesen eine besondere Wirkung auf den Zuhörer hat. Durch diese Wörter kann ein kurzer oder langer Sprachrhythmus entstehen.
Im Schluss kannst du sowohl auf die Ergebnisse deiner Analyse als auch auf die Intention des Autors eingehen. Wenn du dies tust, solltest du unbedingt auch erklären, wie der Text auf den Leser wirkt bzw. wirken soll.