Konflikte mit der Lehrkraft: Wie kann man diese vermeiden oder lösen?
Zu viele Hausaufgaben, ein schlechter Lernerfolg oder ein zwischenmenschliches Problem. Es gibt viele Gründe, warum Eltern heute immer häufiger in Konflikte mit Lehrern und Lehrerinnen ihrer Kinder geraten. Doch egal welcher Grund es auch sein mag, eines ist klar: Ein Streit mit der Lehrerin oder dem Lehrer Ihres Kindes ist selten die Lösung für ein Problem und kann im Zweifel sogar noch mehr Schwierigkeiten verursachen. Deshalb sollten Sie diesen möglichst vermeiden oder – sollte es bereits passiert sein – diesen schnell wieder lösen. Wir geben wichtige Tipps zum Thema Konflikte mit einer Lehrkraft.
Den Konflikt vermeiden: Probleme konstruktiv ansprechen
Einen Konflikt vermeiden bedeutet natürlich nicht, einfach alle Probleme in Kauf zu nehmen und zu schweigen. Insbesondere bei schwerwiegenden Themen ist es Eltern sehr wohl erlaubt und für das Kind auch von enormer Bedeutung, dass diese mit der jeweiligen Lehrkraft besprochen werden. Allerdings sollten Eltern dabei darauf achten, dass sie ihren Ärger nicht ungebremst herauslassen oder persönliche Vorwürfe anbringen, wenn diese nicht angebracht sind. Versuchen Sie bei Problemen mit der Lehrerin beziehungsweise dem Lehrer oder dem Unterricht daher folgendes Vorgehen:
- Reagieren Sie nicht spontan.
- Ordnen Sie Ihre Gedanken.
- Machen Sie sich Notizen darüber, was genau Sie ansprechen möchten.
- Überlegen Sie noch einmal, ob Ihr Eingreifen wirklich notwendig ist.
- Besprechen Sie mit Ihrem Kind, ob es überhaupt Unterstützung möchte oder ob es zunächst selbst versuchen möchte, das Thema in der Schule anzusprechen.
- Vereinbaren Sie mit der Lehrkraft einen telefonischen oder persönlichen Termin.
- Gehen Sie offen und gelassen in das Gespräch.
- Schildern Sie das Problem aus Ihrer Sicht, ohne Vorwürfe auszusprechen.
- Lassen Sie die Lehrkraft Ihre Sicht schildern und versuchen Sie auch diese zu verstehen.
- Versuchen Sie einen gemeinsamen Kompromiss oder eine Lösung zu finden.
- Machen Sie, wenn möglich, konkrete Vorschläge, wie das Problem in Zukunft vermieden werden könnte.
- Bedenken Sie: Die Lehrkraft hat meist genau das gleiche Ziel wie Sie. Sie möchte Ihr Kind unterrichten und Lernfortschritte erzielen.
Info: Schwere Probleme erfordern mehr Konsequenz
Das beschriebene Vorgehen ist für alle Fälle gedacht, bei denen eine Unstimmigkeit im pädagogischen oder didaktischen Rahmen vorliegt. Sollten Themen wie Gewalt, Beleidigung oder Diskriminierung im Raum stehen, dürfen Sie natürlich beherzter eingreifen und Ihren Standpunkt vehement verdeutlichen. In einigen dieser Fälle ist mit Sicherheit auch der Gang zum Schulleiter beziehungsweise zur Schulleiterin notwendig.
Den Konflikt vermeiden: Auf Kritik angemessen reagieren
Häufig entstehen Konflikte mit der Lehrkraft auch, weil diese Kritik an Ihnen oder Ihrem Kind übt. Dies geschieht zum Beispiel, wenn Ihr Kind einen Verweis erhält, am Elternabend schwere Kritik ausgesprochen wird oder Sie anlassbezogen zu einem Gespräch eingeladen werden. In solchen Fällen liegt viel Emotionalität in der Luft und das ist auch verständlich. Als Eltern haben wir einen natürlichen Schutzreflex. Wir stellen uns vor unser Kind und möchten es vor Unheil und negativer Kritik bewahren. Und das ist grundsätzlich auch gut so, denn dafür sind Eltern ja auch da. In dieser emotionalen Situation vergessen wir dann aber oft, dass die Kritik auch angemessen sein kann. Oder bedeutungslos. Deshalb auch hierfür unsere wichtigsten Tipps:
- Hören Sie sich die Kritik genau an. Versuchen Sie zunächst nur den Inhalt aufzunehmen.
- Atmen Sie tief durch und machen Sie sich bewusst: Kritik gehört dazu und niemand muss immer alles richtig machen.
- Fragen Sie nach, wenn Sie noch nicht alles verstanden haben.
- Fragen Sie auch, was von Ihnen und Ihrem Kind nun erwartet wird.
- Sie müssen nicht sofort auf die Kritik reagieren. Sie dürfen sagen: “Ich habe alles angehört. Ich denke darüber nach und melde mich dann wieder.”
- Besprechen Sie die Situation mit Ihrem Kind. Was ist seine Sichtweise?
- Sprechen Sie mit anderen Eltern oder Freunden über die Situation. Wie schätzen diese die Lage ein?
- Wenn Sie die Kritik inzwischen annehmen können, dann reagieren Sie entsprechend und geben Sie bei Bedarf eine Rückmeldung an die Lehrkraft.
- Wenn Sie die Kritik nicht annehmen können, aber sie eigentlich bedeutungslos ist und im weiteren Verlauf keine Rolle mehr spielt, dann versuchen Sie darüberzustehen und nicht weiter darauf zu reagieren.
- Wenn Sie die Kritik nicht annehmen können und die Situation bedeutungsvoll ist, dann suchen Sie erneut das Gespräch mit der Lehrkraft und sprechen Sie Ihre Gedanken sachlich und offen aus.
- Versuchen Sie einen Kompromiss oder eine Lösung zu finden.
Einen Konflikt lösen: Einigung oder Akzeptanz der anderen Meinung
Wenn es bereits zu einem Konflikt gekommen ist, dann geht es darum, diesen, wenn nötig wieder zu lösen. Ob dies notwendig ist oder nicht, hängt von der Schwere des Konfliktes ab. Kam es bei einem Elternabend nur zu einer Meinungsverschiedenheit über ein weniger bedeutungsvolles Thema, dann kann vielleicht einfach Gras über die Sache wachsen. Zum Beispiel, wenn es um den anstehenden Wandertag ging und dieser nun bereits vorbei oder geplant ist. Anders sieht es bei individuellen Problemen aus oder wenn der Konflikt zu persönlich wurde. Zum Wohle Ihres Kindes sollten Sie dann versuchen, den Konflikt zu lösen, um wieder sachlich mit der Lehrkraft zusammenarbeiten zu können. Folgende Tipps können Ihnen dabei helfen:
- Vereinbaren Sie ein erneutes Gespräch mit der Lehrkraft.
- Weisen Sie bei der Terminvereinbarung bereits daraufhin, dass Sie einen Termin möchten, um den Konflikt aus der Welt zu schaffen. Dies führt zu einer deeskalierenden Grundstimmung.
- Machen Sie sich vorab Notizen.
- Nehmen Sie eine Vertrauensperson mit zu dem Gespräch, wenn Sie glauben, dass dies hilfreich ist.
- Wenn Sie selbst auch Fehler bei sich sehen, beginnen Sie mit Ihrer Entschuldigung. Damit gestehen Sie eigene Fehler ein und machen den Weg frei für einen erneuten Meinungsaustausch oder eine Entschuldigung der Gegenseite.
- Schildern Sie offen und sachlich Ihre Meinung und Ihre Sicht auf die Dinge.
- Hören Sie der Lehrkraft zu und versuchen Sie auch deren Meinung zu verstehen.
- Versuchen Sie einen Kompromiss oder eine Lösung zu suchen.
- Bedenken Sie: Nicht immer wird man sich zum Ende eines Gesprächs einig. Es dürfen auch zwei konträre Meinungen stehenbleiben und man kann sich dennoch ohne Konflikt voneinander verabschieden.
Ein Praxisbeispiel: Immer werden die Jungs bestraft
Leon kommt immer wieder aus der Schule nach Hause und berichtet seiner Mutter von Strafen der Klassenlehrerin Frau Schmidt. Diese würde bei vielen Gelegenheiten immer nur die Jungs bestrafen, obwohl die Mädchen auch beteiligt gewesen wären. Leons Mutter reagiert zunächst besonnen und beruhigt Leon. Doch als die Strafen überhandnehmen und immer häufiger Strafarbeiten am Nachmittag dazukommen, fragt sie bei Laura nach, die mit Leon in eine Klasse geht. Laura bestätigt die Situation und gesteht sogar ein, dass sie selbst auch gelegentlich beteiligt war, aber nie eine Strafe bekommen hat. Daraufhin wird die Mutter von Leon sauer und ruft sofort wutentbrannt die Lehrerin an. Es kommt zu einem schweren Konflikt am Telefon. Die Lehrerin streitet den Vorwurf ab und nennt Leon den “Anstifter” zu allerhand Unfug. Nach dem Telefonat sind beide Parteien wütend und fühlen sich missverstanden. Was hätte Leons Mutter anders machen können?
Bei allem Verständnis für ihren Ärger, wäre es besser gewesen zunächst ruhig zu bleiben. Sie hätte weitere Eltern und Kinder fragen können und die gesammelten Informationen zunächst verarbeiten sollen. Im Anschluss wäre ein Termin für ein persönliches Gespräch gut gewesen. Zu diesem hätte sie alle gesammelten Informationen sortiert mitbringen können und diese ruhig und gelassen vortragen können. Sie hätte dabei sehr wohl deutlich machen dürfen, dass sie diese Situation wütend macht, aber keinen Wutausbruch geschehen lassen sollen. Spannend wäre dann gewesen, wie die Lehrkraft reagiert hätte. Die Überrumpelung am Telefon mit den direkten Vorwürfen hatte diese ebenfalls in eine emotionale Stimmung gebracht, die der Deeskalation nicht zuträglich war. In einem ruhigen Moment ohne Vorwürfe kann diese sicher anders reagieren und die Kritik an Leon sachlicher vorbringen oder eigenen Fehler eingestehen. Im Zweifel hätte Leons Mutter auch eine andere Mutter mit ins Gespräch nehmen können.